Ein Tag, der zeigt, wie Inklusion in der Arbeitswelt gelingen kann

I wü a hackeln!

Am 11. Juni 2025 fand im Gewerkschaftshaus Wien die Inklusionstagung unter dem einprägsamen Motto „I wü a hackeln!“ statt – direkt, ehrlich und selbstverständlich.

Für viele Menschen in Österreich ist Arbeit selbstverständlich. Doch für Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen ist sie oft schwer zugänglich. Sie stoßen auf viele Hürden – manche sichtbar, viele unsichtbar. Häufig arbeiten sie unter ihrem Qualifikationsniveau, haben schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt und übernehmen seltener Verantwortung. Das ist unfair – und ein Problem, das wir als Gesellschaft lösen müssen.

Das Foto zeigt eine Szene von einer Veranstaltung mit dem Titel „Tatort Arbeitsplatz – Recht auf Arbeit und Wertschätzung“. Im Vordergrund steht eine Frau in dunkler Kleidung, die in Gebärdensprache dolmetscht. Sie hat braune Haare, die zu einem Dutt gebunden sind, und trägt ein Headset. Hinter ihr ist eine große Präsentationsfolie auf einer Leinwand zu sehen. Die Überschrift der Folie lautet: „Was bedeutet ‚Recht auf Arbeit‘?“ Darunter folgen zwei Hauptpunkte: Recht auf Arbeit zur Existenzsicherung Bezug auf Artikel 28 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK): Recht auf angemessenen Lebensstandard. Artikel 27 sichert das Recht auf bezahlte Arbeit. Es wird auf ein Problem hingewiesen: taschengeldbasierte Beschäftigung in sogenannten „Sonderwelten“. Recht auf Arbeit zur Sicherung von sozialer Zugehörigkeit, Anerkennung und gesellschaftlicher Teilhabe Es wird eine Forderung nach offenem und inklusivem Arbeitsmarkt genannt. Außerdem: freie Wahl der ausgeübten Tätigkeiten. Links auf der Leinwand befindet sich ein Plakat mit einem stilisierten Bild von zwei Menschen, einer davon im Rollstuhl. Darüber steht der Titel der Veranstaltung: „Tatort Arbeitsplatz“ Darunter: „Recht auf Arbeit und Wertschätzung – hinschauen! einmischen! verändern!“ Unten auf der Folie steht in kleinerer Schrift: „Recht auf Arbeit / Inklusionstagung 2025“
11.06.2025 Inklusionstagung Recht auf Arbeit und Wertschätzung ; „I wü a hackeln!“ Foto: Assistenz24

Habe ich ein Recht auf Arbeit?

  • Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen
    sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
  • Jeder Mensch hat – ohne jede Diskriminierung – Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.

Recht auf Arbeit und Wertschätzung

„I wü a hackeln“

Am 11. Juni 2025 standen wir gemeinsam dort – der ÖZIV, die AK Wien, das ÖGB Chancen Nutzen Büro, die PRO-GE und der KOBV – mit einer klaren Botschaft:

Das Barrierefreiheitsgesetz kommt

Ein wichtiges Zeichen ist das neue Barrierefreiheitsgesetz, das ab Juni gilt. Es verpflichtet Unternehmen, Barrieren in Produkten und Dienstleistungen zu beseitigen. Ein großer Schritt – doch Barrierefreiheit darf nicht beim digitalen Zugang enden.

Barrierefreiheit muss auch in den Köpfen ankommen, denn dort beginnt Veränderung  – und dann am Arbeitsplatz gelebt werden. Und dafür sind solche Treffen zum Austausch wie diese hier heute Goldwert.

DSA, Valerie Clarke MSM

Schon zum Start der Veranstaltung wurde deutlich:
Hier geht es nicht nur ums Reden, sondern ums Handeln. Zahlreiche Betriebsräte, Behindertenvertrauenspersonen und Vertreter:innen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft waren vor Ort.

Dr.in Birgit Schrattbauer gab in ihrer Keynote einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen – und zeigte auf, wo noch Lücken bestehen. Zentral war:

Es braucht keine Almosen, sondern
faire Chancen, sichere Arbeitsplätze und Anerkennung.

Valerie Clarke, Geschäftsführerin von Assistenz24, formulierte es bei ihren Begrüßungsworten auf den Punkt: Inklusion ist keine Wohltat, sondern eine Frage der Gerechtigkeit.

Als inklusiver Arbeitgeber beschäftigen wir in unserer Zentrale derzeit 13 Kolleginnen und Kollegen mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder anderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch bei unseren Assistentinnen und Assistenten kommt es immer wieder zu Erkrankungen, die fallweise zu Arbeitsausfällen führen. In solchen Situationen ist es besonders wichtig, sie gut durch diese Phase zu begleiten und ihnen den Wiedereinstieg zu erleichtern.

Barrieren sind mehr als Stufen und Türen

Ein zentrales Thema des Tages war die Unsichtbarkeit vieler Hindernisse.

Oft scheitert Inklusion nicht am Können, sondern am fehlenden Zugang. Vorurteile, unflexible Strukturen und mangelndes Wissen wirken wie unsichtbare Mauern. Aus eigener Erfahrung weiß ich: Starre Prozesse verhindern oft das, was mit etwas Offenheit möglich wäre. Barrieren sind nicht nur Stufen, Toiletten ohne Rollstuhlzugang oder fehlende Lifte. Es sind auch Vorurteile, Unsicherheiten, fehlende Flexibilität in Arbeitszeitmodellen, oder schlicht Unwissen. In meinem Berufsalltag merke ich oft, wie stark Gewohnheiten und starre Strukturen die Offenheit für neue Wege behindern. Der Fachkräftemangel könnte ein Motor für Veränderung sein – aber nur, wenn wir bereit sind, über den Tellerrand zu schauen.

Beim Inklusionstag wurde deutlich, dass wir mit dieser Haltung nicht allein sind. Menschen, die an einer besseren, gerechteren Gesellschaft arbeiten, trafen hier zusammen – mit ihren Ideen, ihren Herausforderungen und ihren Modellen. Es war ein Raum für Austausch, Mut und konkrete Lösungen.

Was uns verbindet: der Wille, echte Teilhabe möglich zu machen – in der Arbeitswelt und darüber hinaus.

Das Foto zeigt eine Szene von einer Veranstaltung zum Thema Inklusion am Arbeitsplatz. Im Vordergrund steht eine Frau mit langen, blonden Haaren, die zu einem Pferdeschwanz gebunden sind. Sie trägt ein Headset und dolmetscht in Gebärdensprache. Ihre Kleidung ist dunkel mit einem hellgrünen Jäckchen.

Hinter ihr ist eine große Präsentationsfolie auf einer Leinwand zu sehen. Die Überschrift der Folie lautet:

„Chancengleichheit am Arbeitsplatz
Angemessene Vorkehrungen – Beispiele“

Darunter sind mehrere sechseckige Felder angeordnet, in denen verschiedene Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit am Arbeitsplatz genannt werden. Die sichtbar lesbaren Beispiele lauten:

Barrierefreie Gestaltung von Räumlichkeiten

Anpassung des Arbeitsrhythmus

Verkürzung der Arbeitszeit

Befreiung von bestimmten Aufgaben

Änderung der Aufgabenverteilung

Links auf der Leinwand ist ein wiederkehrendes Veranstaltungsmotiv zu sehen: der Schriftzug „Tatort Arbeitsplatz“ mit einem stilisierten Bild von Menschen, darunter eine Person im Rollstuhl. Daneben steht in weißer Schrift:

„Recht auf Arbeit und Wertschätzung – i würd hackeln!“

Am unteren Rand der Folie steht:
„Recht auf Arbeit / Inklusionstagung 2025“
Recht auf Arbeit und Wertschätzung ; „I wü a hackeln“ ; Foto: Assistenz24

Innovative Arbeitsmodelle: Nicht Luxus, sondern notwendig

Im ersten Panel wurden Best Practices vorgestellt:
Unternehmen mit Jobcoaching-Programmen, flexiblen Arbeitszeiten, barrierefreien digitalen Tools. Besonders inspirierend war die Erkenntnis, dass viele dieser Maßnahmen nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern allen Mitarbeitenden helfen.

Hier wurde klar: Es braucht nicht immer große Systeme, oft reichen individuelle Lösungen, Verständnis – und der Wille, Arbeitsmodelle neu zu denken.

Wenn Arbeit zum Drahtseilakt wird

Der Nachmittag war emotional. Alexander Greiner, Journalist und Autor, erzählte von seiner Krebserkrankung – und davon, wie sehr der Umgang damit auch beruflich herausfordert. Sein Buchtitel „Als ich dem Tod in die Eier trat“ ist ebenso eindringlich wie sein Auftritt. Es ging nicht um Mitleid, sondern um Mut, um Lebenswille, um die Rolle von Arbeit in schweren Zeiten. Es wurde deutlich, wie wichtig es ist, dass wir als Arbeitgeber:innen Strukturen schaffen, die auch in schwierigen Lebensphasen tragen.

Inklusion braucht Struktur – nicht nur guten Willen

In den Panels und Workshops ging es dann um konkrete Lösungen: flexible Arbeitszeitmodelle, barrierefreie Arbeitsplätze, psychische Belastung im Job, aber auch um das Bild von Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft. Viele spannende Inputs – und noch mehr Fragen, die wir mitnehmen sollten:

  • Wie schaffen wir echte Chancengleichheit im Recruiting?
  • Wie unterstützen wir Mitarbeitende in Ausnahmesituationen?
  • Und wie sorgen wir dafür, dass Inklusion nicht vom Engagement einzelner abhängt, sondern systematisch verankert wird?

Mehr als ein Tag – ein Auftrag

Für mich war der Inklusionstag ein Anstoß, genauer hinzuschauen – und noch mehr aktiver zu werden. Für mich war der Inklusionstag ein Tag voller Begegnungen, ehrlicher Geschichten und mutiger Forderungen. Ich bin mit dem festen Entschluss gegangen, in meinem beruflichen Umfeld noch aktiver Veränderungen voranzutreiben.

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