ME/CFS – Eine stille Krise

Verstehen, Unterstützen, Handeln

Was ist ME/CFS?

Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue-Syndrom, kurz ME/CFS genannt, ist eine schwere chronische Erkrankung, die das Leben der Betroffenen auf dramatische Weise einschränken kann. Doch obwohl schätzungsweise zehntausende Menschen allein in Österreich davon betroffen sind, bleibt die Krankheit in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend unsichtbar.

ME/CFS ist keine normale Müdigkeit – und auch keine Einbildung. Es handelt sich um eine komplexe neuroimmunologische Erkrankung, die zu einer anhaltenden, oft lähmenden Erschöpfung führt, die durch Ruhe nicht gelindert wird. Darüber hinaus treten zahlreiche weitere Symptome auf, wie zum Beispiel Konzentrationsstörungen, Schmerzen, Schlafstörungen und eine sogenannte „Post-Exertional Malaise“ (PEM). Letztere beschreibt eine Verschlechterung der Symptome nach bereits geringer körperlicher oder geistiger Anstrengung.

ME/CFS ist beispielsweise unter dem Code G93.3 im ICD-10 klassifiziert und bereits seit dem Jahr 1969 als Erkrankung bekannt. Vermutlich war sogar Florence Nightingale davon betroffen, weshalb ihr Geburtstag, der 12. Mai, heute sowohl als internationaler ME/CFS-Tag als auch als Tag der Pflege begangen wird.

Eine Person liegt in einem Bett, vollständig eingehüllt in weiße Bettdecken. Nur die Arme und Hände sind sichtbar. Die Person hält eine weiße Tasse mit beiden Händen vor der Brust. Die Umgebung wirkt ruhig und minimalistisch, der Hintergrund ist einfarbig hellgrau. Das Bild vermittelt ein Gefühl von Ruhe, Müdigkeit oder Erschöpfung – möglicherweise auch Krankheit oder Schonung. Die Szene wirkt still und zurückgezogen.

Die unsichtbare Belastung

Menschen mit ME/CFS sehen oft gesund aus – zumindest auf den ersten Blick. Viele können jedoch kaum das Bett verlassen, manche sind vollständig pflegebedürftig. Ihre Welt schrumpft auf ein Minimum zusammen: keine Arbeit, kein soziales Leben, keine Selbstbestimmung. Selbst grundlegende Tätigkeiten wie Duschen, Essen zubereiten oder ein Gespräch führen können zur Überforderung führen.

Das tragische daran ist, dass viele Betroffene jahrelang auf eine Diagnose warten müssen – und selbst wenn diese gestellt wird, gibt es bislang keine heilende Therapie. Die medizinische Versorgung ist unzureichend, das Wissen unter Ärzt:innen oft lückenhaft. Hinzu kommt ein Mangel an Forschungsgeldern und struktureller Unterstützung.

Persönliche Assistenz – auch hier unverzichtbar

Gerade in diesem Zusammenhang wird eines besonders deutlich: Persönliche Assistenz ist auch für Menschen mit ME/CFS ein zentrales Thema. Denn nur durch individuelle, auf die Bedürfnisse abgestimmte Unterstützung können Betroffene wieder mehr Autonomie erlangen und ein Stück Lebensqualität zurückgewinnen.

Während Persönliche Assistenz meist im Zusammenhang mit körperlichen oder sichtbaren Behinderungen thematisiert wird, wird sie bei chronisch kranken Menschen wie jenen mit ME/CFS bislang kaum berücksichtigt. Dabei wäre sie ein entscheidender Faktor – nicht nur für die praktische Unterstützung im Alltag, sondern auch für die soziale Teilhabe und das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben.

Warum wir hinsehen müssen

Es ist an der Zeit, ME/CFS sichtbar zu machen. Denn je mehr Menschen über die Krankheit Bescheid wissen, desto größer ist die Chance auf politische und gesellschaftliche Veränderungen. Es braucht gezielte Forschung, bessere medizinische Versorgung und – unabhängig von Diagnose oder Ursache der Einschränkung.

Nicht zuletzt muss auch die Arbeitswelt lernen, flexibler auf chronische Erkrankungen zu reagieren. Viele Betroffene könnten mit Unterstützung zumindest teilweise am Berufsleben teilnehmen – wenn es die nötige Assistenz und angepasste Rahmenbedingungen gäbe.

12. Mai – Gemeinsam sichtbar werden

Der 12. Mai ist internationaler ME/CFS-Awareness-Tag. In zahlreichen Städten weltweit wird an diesem Tag auf die Lage der Betroffenen aufmerksam gemacht. Auch in Wien gibt es in diesem Jahr wieder eine Veranstaltung, die unter dem Motto „ME/CFS sichtbar machen“ steht.

🗓️ Wann?
12. Mai 2025, von 16:00 bis 18:00 Uhr

📍 Wo?
Heldenplatz, Wien

Diese Aktion ist Teil der globalen Kampagne „Millions Missing„, die symbolisch auf die Millionen Menschen hinweist, die aufgrund von ME/CFS „aus dem Leben verschwunden“ sind – aus Schulen, Universitäten, Jobs und sozialen Kontexten.

Alle, die sich solidarisieren möchten – ob selbst betroffen, Angehörige oder Unterstützer:innen – sind herzlich eingeladen, vorbeizukommen. Auch Persönliche Assistent:innen und solche, die es werden wollen, sind ausdrücklich willkommen. Denn gemeinsam können wir laut sein für jene, die oft kaum mehr sprechen können.

Wie du helfen kannst:

Es gibt viele Möglichkeiten, ME/CFS-Betroffene zu unterstützen – hier einige konkrete Vorschläge:

  • Informiere dich und andere: Wissen ist der erste Schritt zu Verständnis. Teile Artikel, Beiträge und Erfahrungen.
  • Komm zur Veranstaltung am 12. Mai und zeige deine Solidarität.
  • Engagiere dich politisch: Unterstütze Initiativen, die sich für bessere Versorgung, Forschung und Assistenz einsetzen.
  • Werde Persönliche Assistenzkraft: Viele Betroffene sind dringend auf Unterstützung angewiesen. Eine sinnstiftende Arbeit wartet auf dich.
  • Höre zu und nimm ernst: Oft reicht es schon, den Betroffenen zuzuhören und ihnen zu glauben – das ist ein Akt von Menschlichkeit.

Fazit

ME/CFS ist mehr als nur eine medizinische Herausforderung – es ist eine soziale Krise, die uns alle etwas angeht. Wenn wir echte Inklusion wollen, dann dürfen wir Menschen mit chronischen Erkrankungen nicht länger vergessen.

Lass uns gemeinsam dafür sorgen, dass sie gesehen, gehört und unterstützt werden. Am 12. Mai – und an jedem anderen Tag auch.

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